Verehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen!

Ich will mit drei Blickwinkeln, die alle etwas mit den Ereignissen in der Silvesternacht in Köln zu tun haben, beginnen.

Ich beginne mit der Aussage einer angegriffenen Frau in der Silvesternacht in Köln. Ich zitiere:
"Wir liefen dann durch diese Männergruppe. Es tat sich eine Gasse auf, durch die wir liefen. Plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Po, dann an meinen Brüsten, schließlich wurde ich überall begrapscht. Es war der Horror. Obwohl wir schrien und um uns schlugen, hörten die Typen nicht auf. Ich war verzweifelt und glaube, dass ich rund 100 Mal auf den knapp 200 Metern angefasst wurde."

Meine Damen und Herren, die Politik und die Polizeien des Bundes und der Länder müssen und werden gemeinsam alles dafür tun, dass sich so etwas in unserem Land nicht wiederholt.
(Beifall im ganzen Hause)

Es wird keine rechtsfreien Räume in unserem Land geben. Ich danke an dieser Stelle allen Polizeibeamtinnen und Polizeibeamten, die sich in dieser Nacht in ihrem Einsatz schützend vor die Frauen gestellt haben, auch unter eigenem Opfer. Auch daran müssen wir denken.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein zweiter Blickwinkel zeigt sich in den Geschehnissen rund um die Facebook-Gruppe „Nett-Werk Köln“. Etwa eine Woche nachdem dort die ersten Informationen zu den sexuellen Übergriffen vor dem Kölner Hauptbahnhof gepostet wurden, musste die Seite vorübergehend geschlossen werden. Der Administrator schrieb dazu am 7. Januar auf der Seite. Ich zitiere:
"Das Nett-Werk ist derzeit nahezu ein Kriegsschauplatz verbaler Gewalt, gegenseitiger Schuldzuweisungen, Aufrufe zur Lynchjustiz, Beleidigungen, Pöbel, Hetze und Rassismus."

Auch das ist ein Teil der Geschichte. Auch das ist ein Teil der Konsequenzen, die wir gemeinsam ziehen müssen: Niemand darf die furchtbaren Straftaten der Silvesternacht mit Hass und Rassismus beantworten.
(Beifall im ganzen Hause)

Den dritten Blickwinkel bilden die vielen Hunderttausend Flüchtlinge in unserem Land, die sich nichts zuschulden kommen lassen. In einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin schreiben einige Flüchtlinge aus Syrien und Pakistan. Ich zitiere:
"... sind wir entsetzt über das, was sich in der Silvesternacht in Köln und anderen Städten zugetragen hat. Wir verabscheuen die sexuellen Übergriffe und Diebstahldelikte ... und verurteilen sie auf das Schärfste."

Die Straftaten in Köln und anderswo betreffen uns alle, auch die Flüchtlinge, die sich anständig verhalten, und das ist die große Mehrheit.

Meine Damen und Herren, die Ereignisse der Silvesternacht haben vor allem unser Land als Ganzes getroffen. Mich als Vater von zwei kleinen Töchtern haben - das bekenne ich ganz offen - diese Taten wütend und fassungslos gemacht. Ich möchte nicht, dass meine Töchter in einem Land aufwachsen, in dem sie sich auf öffentlichen Plätzen nicht sicher fühlen.

Heute sprechen wir über die Konsequenzen, und jetzt richte ich meinen Blick auf die Täter. Ihnen, den Tätern der Silvesternacht, sagen wir heute Folgendes: Wenn Sie nach Deutschland kommen, vielleicht auch, um Schutz zu suchen, hier aber schwere Straftaten begehen, dann haben Sie in unserem Land nichts zu suchen.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD sowie des Abg. Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN))

Wir haben nun die Aufgabe, die Täter schnell zu finden, sie vor ein Gericht zu bringen und sie zu bestrafen. Einige fordern, dass wir härtere Gesetze machen. Andere fordern einen besseren Vollzug der bestehenden Gesetze. Ich sage: Wir brauchen beides. Die Bevölkerung erwartet von uns, dass wir schnell reagieren.

Gestern haben sich Bundesinnenminister de Maizière und Bundesjustizminister Maas darauf verständigt, die Ausweisung krimineller Ausländer zu erleichtern. Wir wollen die Hürden für die Ausweisung ausländischer Straftäter deutlich absenken. Das machen wir bei Straftaten gegen das Leben, gegen die körperliche Unversehrtheit, gegen die sexuelle Selbstbestimmung, gegen Eigentum und auch bei Angriffen auf Polizisten. Zukünftig liegt ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse dann vor, wenn ein Straftäter wegen dieser Delikte zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde, unabhängig davon, ob diese Strafe zur Bewährung ausgesetzt ist. Ein besonders schwerwiegendes Ausweisungsinteresse - das ist die nächsthöhere Stufe - liegt zukünftig bei einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr vor.

Asylsuchenden, die Straftaten begehen, werden wir künftig konsequenter die rechtliche Anerkennung als Flüchtling versagen. Bei der Frage, ab wann jemand nicht mehr als Flüchtling anerkannt wird, haben wir uns darauf verständigt, die Schwelle für die genannten Straftaten von drei Jahren Freiheitsstrafe auf ein Jahr Freiheitsstrafe zu senken.
(Katja Keul (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Das gilt doch schon seit dem 01.01.!)

Meine Damen und Herren, das ist eine harte Reaktion des Staates gegenüber den Menschen, die zu uns kommen und meinen, hier Straftaten begehen zu können, ohne dass das Auswirkungen auf ihre Anwesenheit in Deutschland hätte. Der Rechtsstaat muss und wird seine Bürger schützen. Schutz des Rechtsstaates heißt härtere Gesetze, wenn es nötig ist. Schutz des Rechtsstaates heißt auch, dass wir Strafgesetze an neue Arten der Tatbegehung anpassen müssen. Schutz des Rechtsstaates bedeutet aber vor allem Vollzug unserer Gesetze. Für den Bereich der Polizei heißt das mehr Personal und bessere Ausrüstung. Wir haben in den Haushaltsverhandlungen für dieses Jahr 3.000 zusätzliche Stellen für die Bundespolizei erhalten. Ich gehe davon aus, dass auch die Länder ihre Polizeien jetzt wieder verstärken werden.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren, zu den Konsequenzen aus der Silvesternacht gehört auch, dass wir nicht verschweigen, aus welchen Ländern die Täter kamen, und darüber reden, dass auch kulturelle Hintergründe bei den Taten eine Rolle spielen. Die Silvesternacht macht deutlich, wie schwer es ist, gerade junge, alleinstehende Männer mit arabischer Herkunft hier in unserem Land zu integrieren. Die Silvesternacht macht auch deutlich, dass jede Integrationskraft einer Gesellschaft endlich ist.
Kein Generalverdacht, aber auch kein Verschweigen oder Relativieren von Tatsachen, Integration der zu uns kommenden Menschen, aber keine Toleranz gegenüber Straftätern - das ist die Aufgabe, nicht nur in Köln, sondern überall in unserem Land.

Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU und der SPD)

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